Munitionsfund bei Weitefeld

Heute morgen bin ich die anstehende Exkursion vorgelaufen, wie ich es immer mache. Während der Suche nach einer Feuerstellung, von der ich aus einem amerikanischen Kriegstagebuch nur wusste: “to take care of ey fire posn.” – zu deutsch: “sich um eine feindliche Feuerstellung zu kümmern”.

Ich stapfte so durch den Busch und suchte im Bereich der angegebenen Koordinaten, die im amerikanischen Kriegstagebuch festgehalten waren. Dabei war ich mir ziemlich sicher am richtigen Ort zu sein. Hin- und Her. Hier irgendwo musste es doch sein? Irgendwas kann man doch vielleicht auch heute noch sehen? Wo ist die Stellung gewesen?

Durch den nächsten Brombeer-Busch, weiter vor und dann noch einmal zurück. 50 Meter im Zickzack neben dem Weg, immer wieder tiefer in den Wald, bis es keinen Sinn mehr machte. Ich hatte noch immer keinerlei Anzeichen einer ehemaligen Stellung entdeckt… Keine Schützenmulde oder sonstige Vertiefungen – es war einfach nichts zu entdecken… “Okay, also weiter geht’s!” Zurück zum Weg und den restlichen Weg der Exkursion ablaufen, dabei machte ich noch einen Schwenker und bin zum wiederholten Male vorbei an einer vom letzten Sturm umgeworfenen Fichte.
Einen Moment lang dachte ich an der falschen Stelle unterwegs gewesen zu sein. Aber die Koordinaten stimmten mit dem Punkt überein. Sollte in den Koordinaten ein Zahlendreher sein? So etwas kam nicht selten vor. Soldaten sind eben auch nur Menschen.
Im Geiste stellte ich mich darauf ein, am falschen Ort gesucht zu haben und beinahe im gleichen Augenblick entdeckte ich einen Metallkörper, der aus dem Wurzelbereich einer umgestürzten Fichte hervorschaute. Innerhalb weniger Augenblicke konnte ich den Metallkörper als eine Kartusche aus dem Zweiten Weltkrieg identifizieren, war also doch im richtigen Bereich unterwegs gewesen, obwohl sich keine Stellungen finden konnten. Auch das ist keine Seltenheit: Während des hastigen Rückzuges der deutschen Truppen vor den Angriffsspitzen der 1. US Armee war vielmals gar nicht die Zeit gewesen, eine Stellung anzulegen. Und in diesem Fall bleibt unbekannt, ob die deutschen Soldaten überhaupt verteidigen wollten oder auch nicht.
Die 7,62-cm Kartusche am Fundort.

Die 7,62-cm Kartusche am Fundort. Zum Größenvergleich wurde ein 50-Cent Stück aufgelegt. Die Hülse hat die Maße 7,62 x 38,5 Zentimeter.

Später am Tag stellte sich durch einen Freund heraus, dass es sich bei dem Fund um eine russische 7,62-cm Kartusche handelt; und zwar mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einer PaK (Panzerabwehrkanone).  Auf die Frage, wie sicher sich die Hülse der PaK zuordnen lässt, kam von Tobias (der als Mitarbeiter aktiv beim Kampfmittelräumdienst beschäftigt ist) die folgende Antwort: “Ohne das ich die Kartusche zuvor persönlich begutachten kann, würde ich die Vermutung aussprechen, dass man eine PaK als Quelle relativ stark in Betracht ziehen kann!” Die 7,62-cm Pak 36 (r) (das  “r” steht für russisch) steht also mit hoher Wahrscheinlichkeit im Fokus.
Im grob gereinigten Zustand wurden Tintenstempel sichtbar.

Im grob gereinigten Zustand wurden Tintenstempel sichtbar.

Bei der scharfen Munition im Kaliber .50 handelt es sich um Bordwaffen-Munition eines amerikanischen M10-Panzerjägers, der laut Kriegstagebuch am 27.3.1945 am Fundort in Stellung war und am frühen Vormittag einen feindlichen Kontakt in nördlicher Richtung meldete.

Bei der scharfen Munition im Kaliber .50 handelt es sich um Bordwaffen-Munition eines amerikanischen M10-Panzerjägers, der laut Kriegstagebuch am 27.3.1945 am Fundort in Stellung war und am frühen Vormittag feindlichen Kontakt aus nördlicher Richtung meldete.

Die Munition wurde durch Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienst in Empfang genommen und wird der Vernichtung zugeführt.
Ralf Anton Schäfer