Rote Waffenbesitzkarte nach § 17 WaffG.

Eine lange und spannende Zeit ist heute zu Ende gegangen. Nach dem ich vor rund 6 Monaten meinen Antrag für eine Rote Waffenbesitzkarte nach § 17 WaffG zusammen mit meinem 70 Seiten umfassenden Eigengutachten zur “Bewaffnung der Wehrmachtsverbände während des Kampfes um den Brückenkopf von Remagen zwischen dem 7.- und 25. März 1945” vorgelegt habe, wurde mir heute im persönlichen Termin die Waffenbesitzkarte ausgehändigt. 🙂 Zwar gab es keinen Kaffee und Kuchen, aber dafür viel Zeit zum Fachsimpeln. Insgesamt ein toller Termin! 🙂 In diesem Sinne vielen Dank nach Montabaur! 😉

Das beschriebene Thema umfasst eine nicht nur regional bedeutsame militärhistorische Sammlung, sie zeigt darüber hinaus auf, wie die Bewaffnung an den übrigen Frontabschnitten unmittelbar zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs des Dritten Reiches ausgesehen hat und spannt damit den Bogen zur Entwicklungsgeschichte der Waffentechnik bis ins Jahr 1945, das als Sprungbrett moderner Waffen bis in die Gegenwart gilt.

Nach dem ich 2022 einen ZFK41 (ein Zielfernrohrkarabiner auf Basis des K98) erwerben konnte, war für mich klar, das diese Waffe den Grundstein einer Sammlung darstellen kann rund um die Thematik “Kämpfe um den Remagener Brückenkopf im März 1945”. Bei dem ZFK 41 handelt es sich um die erste durch das Heereswaffenamt mit Sitz im Oberkommando der Wehrmacht in Berlin in Auftrag gegebene Waffe, die als Scharfschützengewehr gleich mit einem Zielfernrohr produziert wurde. Obgleich die Optik nur eine Vergrößerung von 1,5fach besitzt und der Leistung russischer Gläser deutlich unterlegen war, wurde die Waffe dennoch als Scharfschützenkarabiner ZFK41 geführt, bis sie im September 1944 zum „Karabiner mit Zielhilfe“ herabgestuft wurde. Obwohl das Gewehr nun nicht mehr als Scharfschützengewehr galt, wurde die Ausbildung bei dem Feldersatzbataillon 162 bis April 1945 durchgeführt. Das Kriegstagebuch der 1. amerikanischen Armee notiert zu einem erbeuteten ZFK41 unter „Lessons learned“ (Gewonnene Erkenntnisse) Ende März 1945: „eine besser schießende Waffe, als es der Aufbau mit der weit vorn sitzenden Optik und dem gesamten äußeren Anschein vermuten lassen!“

Im Zuge der Kampfhandlungen um den Brückenkopf von Remagen trafen nach dem 7. März 1945 deutsche und amerikanische Soldaten und deren technische Errungenschaften aufeinander, die in den Kriegstagebüchern der 1. US-Armee und den unterstellten Verbänden Erwähnung finden.

Während dieser letzten Kriegswochen östlich des Rheins kamen nicht nur modernes und modernstes Gerät zum Einsatz. Nach amerikanischer Beurteilung gingen im Armeebereich nicht selten Artilleriegranaten von 21cm bis 54cm nieder. Düsenjäger zeigten sich am Horizont, und, obwohl die deutsche Armee eigentlich bereits geschlagen war, führte sie immer wieder neue Waffen ins Gefecht.

Doch neben neuen und gebrauchten Waffen kamen ab etwa dem 19. März 1945 auch Waffen zum Einsatz, die in keinem Fall als Einsatztauglich angesehen werden durften. So gerieten während der Gefechte um den Hanfbach-Abschnitt bei Dahlhausen Volkssturmangehörige aus dem Raum Burscheid in alliierte Gefangenschaft. Sie waren mit Karabinern ausgestattet, die die Produktionsstätten als halbfertige Produkte verlassen hatten. Sie waren ohne jegliche Brünierung oder einem sonstigen adäquaten Rostschutz ausgegeben worden. Bei der Ausgabe an den Volkssturm war nur eine dünne, produktionsbedingte Ölschicht vorhanden, die durch geringste Handhabung abgegriffen war. Der blanke Stahl hatte bereits Korrosion angesetzt, als sie mit ihren Trägern an der Front angelangt waren. Verschlüsse waren durch den Rost festgefressen, eine Teilnahme an den Kampfhandlungen nicht denkbar.

In amerikanischen Kriegstagebüchern wird beschrieben, wie sich die Bewaffnung der Kampfeinheiten zusammensetzte, die während der Ausbruchskämpfe der 1. US-Armee angetroffen wurden. Dazu war eine Auswertung befohlen worden, die den Ist-Zustand der gegnerischen Verbände darstellen sollte. Die Divisionen mussten in kurzgefassten Berichten bzw. Statistiken Meldung erstatten, mit welcher Art von Waffe der jeweilige deutsche Soldat in Gefangenschaft geriet. Leider liegen diese Unterlagen heute nur noch im Fragment vor, doch der nachfolgende Beitrag dürfte bildlich sein für die vorherrschenden Verhältnisse der deutschen Frontbesatzungen.

Die 9. US-ID erweiterte seit dem 24. März 1945 mit dem 60. Infanterieregiment einen am Tag zuvor gebildeten Wied-Brückenkopf. Die Schwesterregimenter drängten entlang der linken Flanke in nordöstliche Richtung, überschritten die Autobahn und nahmen Borscheid ein, womit die Ausgangslage für den folgenden Tag erreicht war.

Um 3 Uhr am Morgen des 25. März sollte die 1. US-Armee die Linien der 15. deutschen Armee zerschlagen und aus dem Brückenkopf von Remagen ausbrechen. Mit diesen Kämpfen fand der folgende Eintrag den Weg ins Kriegstagebuch der 9. US-ID. Sie stellt eine Zustandsbeschreibung einer deutschen Kompanie dar, welche der Kampfgruppe Hai, 340. Volksgrenadier Division unterstellt war.

„…Ebenso verwirrend wie die Zusammensetzung der Kompanie ist stellt sich auch ihre Bewaffnung dar. Während einige Männer mit deutschen Gewehren (K98, Gewehr 43 und Sturmgewehren) ausgerüstet sind, ist ein großer Teil der Infanteristen mit französischen Mas- und Lebel-Gewehren sowie russischen und italienischen Gewehren ausgestattet. In den drei MG-Gruppen gibt es ein deutsches, ein russisches und zwei niederländische MGs. Ein besonderer Exot dürfte das schwedische bzw. finnische Automatgevaer M1942 im Kaliber 6,5 mm sein.

Der Soldat, der mit der Automatgevaer gefangen genommen wurde, berichtet, dass er die Waffe vor zwei Wochen erhalten habe und dass seine Kenntnisse nicht über das Laden und Abfeuern der Waffe hinausgehen. Zusammen mit dem Gewehr erhielt er 120 Schuss Munition, von denen noch über 100 Schuss vorhanden sind…

… Man kann sich vorstellen, was für ein Durcheinander bei der Munitionsversorgung herrschte …“

Ralf Anton Schäfer