Exkursion 5 – Amerikanischer Sicherungsposten im Niemandsland

Am 10. Oktober 2015 führte unsere Exkursion in die Wälder bei Gebhardshain. Die Teilnehmer sollten während unserer Wanderung rund 2,7 Kilometer laufen und hierbei einen Einblick in die Ereignisse von Ende März 1945 erhalten. Die überschaubare Runde von sechs Personen wurde durch Bürgermeister Jürgen Giehl, begleitet. Es war ihm sehr daran gelegen, zu erfahren wie sich die Besetzung der Ortschaft am 29. März 1945 zugetragen hatte und wie der amerikanische Vormarsch im Anschluss weiter geführt wurde.

Die militärische Lage

Das 26. US Infanterieregiment stieß im Verlauf des 28. März 1945 kaum auf nennenswerten Widerstand. Von einer durchgehenden Frontlinie konnte nirgends mehr gesprochen werden, die deutschen Versuche noch eine Verteidigungslinie südlich der Sieg zu errichten, scheiterten. Generalleutnant Hans-Kurt Höcker, Kommandeur der 59. Infanteriedivision, hielt in seinem Bericht zur Lage südlich des Flusslaufes fest, „dass kaum mehr als fünf Soldaten einen Kilometer Frontlinie verteidigen würden“, Gerhard Bongers, damals Leutnant und Regimentsadjutant im Grenadierregiment 1034 erwähnte, dass die Verbindung untereinander nicht unter 500 Metern lag, teilweise sogar weit darüber. Die 59. Infanteriedivision hatte zwar nicht Gebhardshain verteidigt, jedoch dürfte dieses Bild der Kräfteverhältnisse ähnlich gewesen sein. Die Wehrmachtsteile südlich der Sieg befanden sich auf der Flucht, so auch in Gebhardshain und Umgebung. Seit mehreren Stunden bewegten sich Massen von deutschen Soldaten in östliche und nordöstliche Richtung, weg vom Feind. Darunter waren auch etwa 20 Soldaten, die der ukrainischen Waffen-SS angehörten. Einige von diesen Soldaten hatte man bei Gebhardshain aufgefangen und den schnell folgenden Amerikanern entgegen geworfen.

Der amerikanische Vorstoß

Aus Richtung Ober-Mörsbach marschierte der I&R-Zug des 26. Infanterieregiments in Richtung Gebhardshain los. Zur gleichen Zeit kam es im Bereich zwischen Gebhardshain und Hommelsberg zu einem kurzen Gefecht, bei dem deutsche Soldaten und ein Panzer noch versuchten Widerstand zu leisten. Dieser Angriff kam erst gar nicht zum Tragen und wurde direkt im Keim erstickt, worauf die amerikanischen Kräfte weiter gegen Gebhardshain vorgingen, das noch vor Mittag erreicht wurde. Zuvor sprengten deutsche Soldaten unweit des Forsthauses eine größere Munitionsmenge um den Vormarsch zu behindern, danach schlug dem I&R-Platoon (Aufklärungszug) aus dem Forsthaus leichtes Feuer entgegen. Da sich in Steinebach noch deutsche Soldaten befanden, schwenkte der Zug auf Gebhardshain, um den Ort auszukundschaften und, wenn keine Feinde angetroffen würden, zu besetzen. Noch vor Erreichen des Ortsrandes wurden die Amerikaner entdeckt und mit heftigem Feuer aus Richtung Wolfsweg belegt. Hierbei wurden gleich drei amerikanische Soldaten getötet und weitere drei verwundet. Angesichts dieses nicht erwarteten Widerstands mussten sich die Amerikaner zurückziehen. Kurzes Artilleriefeuer wurde auf den Ortsrand gelegt und gleichzeitig trat die Charly-Kompanie über das Spielstück zum Angriff an und konnte wenig später in Gebhardshain eindringen, wobei noch zwei deutsche Soldaten im Ort und ein Soldat in der Nähe des Bahnhofes, wo letzte Schüsse fielen, getötet wurden. Gegen frühen Nachmittag war der Ort fest in amerikanischer Hand.

Die Eroberung von Gebhardshain - die Karte in der vollständigen Größe mit sämtlichen Eintragungen bleibt den Exkursionsteilnehmern vorbehalten.

Die Eroberung von Gebhardshain – die Karte in der vollständigen Größe mit sämtlichen Eintragungen bleibt den Exkursionsteilnehmern vorbehalten.

Sicherungsposten im Niemandsland

Nachdem Gebhardshain erobert war, schoben die Amerikaner Patrouillen vor und errichteten Sicherungsposten, sogenannte „Strongpoints“. Der erste wurde im Bereich des „Hümmerich“ eingerichtet. Hier gingen drei Halbkettenfahrzeuge und Infanterie in Stellung. Als man später am Abend aus Richtung Altenbrendebach Motorengeräusche hören konnte, sollte ein weiterer Posten im Bereich des „Steimel-Berges“ eingerichtet werden. Da die Wegeverbindung über den „Steimel-Berg“ einen deutschen Panzervorstoß auf Gebhardshain ermöglichte, wurde sofort befohlen, Infanterie mit Panzerabwehr am Steimel-Berg in Stellung zu bringen. Die Infanteristen marschierten los, verliefen sich jedoch in der Dunkelheit. In der Vermutung, den befohlenen Punkt erreicht zu haben, gingen sie bei Sonnenhof in Stellung. Mit zunehmendem Tageslicht zeigten sich immer wieder deutsche Soldaten, die alle kampflos in Gefangenschaft gingen. Trotzdem wurde der Fehler mit der falsch bezogenen Stellung erst bekannt, nachdem der eigene Nachschub mit Verpflegung den Weg von Oberhombach heraufkam und sich dadurch plötzlich vor der eigenen Linie zeigte. Da die Soldaten sich vorsichtig vor der Stellung bewegten, wurden sie gleich mit deutschen Soldaten verwechselt und unter Feuer genommen. Obwohl sie sich rechtzeitig in Deckung bringen konnten, eröffneten die Amerikaner am Sonnenhof immer wieder ihr Feuer und machten beinahe jede Bewegung unmöglich. Der Beschuss wurde erst eingestellt, nachdem sich einige der Nachschubsoldaten vom Feuer loslösen und Verbindung herstellen konnten. Es kam zwar niemand zu Schaden, aber warme Verpflegung gab es auch keine, da die Behälter zerschossen waren.

Blick aus der der deutschen Front in Richtung des amerikanischen Vormarsches. Aus dem gegenüberliegenden Wald marschierten amerikanische Soldaten den deutschen Stellungen entgegen und wurden unter Feuer genommen.

Blick aus der der deutschen Front in Richtung des amerikanischen Vormarsches. Aus dem gegenüberliegenden Wald marschierten amerikanische Soldaten den deutschen Stellungen entgegen und wurden unter Feuer genommen.

Bürgermeister Giebel besichtigt das, was einmal die deutsche Front ausgemachte. An dieser Stelle sollten weniger als 15 Mann den amerikanischen Vormarsch aufhalten. Sie begaben sich natürlich lieber in Gefangenschaft, als in den sicheren Tod.

Bürgermeister Giehl besichtigt das, was einmal die deutsche Front ausgemachte. An dieser Stelle sollten weniger als 15 Mann den amerikanischen Vormarsch aufhalten. Sie begaben sich natürlich lieber in Gefangenschaft, als in den sicheren Tod.

Ralf Anton Schäfer

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