Angriffsvorbereitung am 14. Januar 1944 vor der Leningrader Front

18. Armee: Bei den erwarteten Angriffen gegen XXXVIII. AK und III. SS-Pz.-Korps erzielte der Gegner mehrere Einbrüche. Während er gleichzeitig schwächere Fesselungsvorstöße bei XXVIII. und XXVI.A.K. führte, dauern die Angriffsvorbereitungen im Leningrader Raum noch an. Die bei dem L. AK vorgetragenen Angriffe können als Vorbereitung für den dort morgen zu erwartenden Angriff gewertet werden.

Ic.-Lagebeurteilung zum Frontraum vor der 170.- und 215. ID vom 12. Januar 1944:

„Verstärkung der Artillerie im Raum Pulkowo, außerdem 15 unbesetzte Artl-Stellungen beiderseits des Orts. Beiderseits der Rollbahn A und west. davon bei Wenerjasi erhebliche Verstärkungen der schweren Inf.-Waffen, vor allem Gr.Werfer und Infanteriegeschütze. Im Rollbahn-Knick sowie am Hang südostwärts Pulkowo Ausbau von neuen Salvenfeuergeschützen, Einbau von vermutlich schweren Wurfgeräten in einer gesamt Ausdehnung von 600 m mit Schussrichtung Alexandrowka, Ausbau von Panzerboxen und entlang der Rollbahn hart nördlich Pulkowo Fertigstellung von Bereitschaftsunterkünften in größerem Umfang. Vor der fdl. HKL zwischen Lidgowski-Kanal und nördl. Alexandrowka Ausbau von Stellungsgräben und Trichtern (Sturmausgangsstellungen). Im gleichen Raum, sowie in de alten deutschen HKL bei E-Werk Ausbau von Geschützstellungen für panzerbrechende Waffen. In der 2. Linie ostw. E-Werk auf Höhe Brückenweg findet Verstärkung der Artl. statt. Im Raum Urizk (nördl. Ligowo) Verstärkung der schweren Inf.- und panzerbrechenden Waffen.“

Feindlagekarte der IC-Operationsabteilung des L. Armeekorps zum 12. Januar 1944

Aus dem Kriegstagebuch des L. AK  – 14. Januar 1944:

“Das Wetter ist bedeckt, zeitweise Schneefall mit zähen Nebelfeldern, Temperaturen zwischen -9 und -14 Grad.

Bei III.SS.AK ist der Feind nach schwerem Trommelfeuer am frühen Morgen zum Angriff angetreten und ist entlang der Naht zwischen 9./10.Lw.Feld.Div. in die HKL eingebrochen. Petrowskaja noch in eigener Hand (9.Lw.Div). Ein weiterer tiefer Einbruch erfolgte bei Gostilizy, wo der Feind nach Abschuss 2 T34 am Westrand des Ortes liegen blieb.

Vor gesamter durch das Korps gehaltenen Linie sind feindliche Bewegungen lebhaft angestiegen. Aus Richtung Leningrad findet verstärkter LKW-Verkehr zur Front statt. Der Russe füllt mit Schwerpunkt zwischen Gongosi und Ligowski-Kanal vor 170. ID die vorderen

Gräben auf und bringt schw.Inf.-Waffen nach vorne. Vor dem Abschnitt des Fus.Btl. sind bei Kamen auf etwa 1. Km Frontbreite ungefähr 700 Mann in den vorderen Graben geführt, was auf Vorbereitungen eines Angriffes schließen lässt, der bereits ab Nachmittag möglich scheint. Gegner belegt besonders den rechten und linken Abschnitt der Div. sämtliche B-Stellen und Kampfstände mit Feuer le. Kalibers, den mittleren Abschnitt mit Art.-Feuer schweren Kalibers.

Bei 215. ID hat feindl. Bewegung ebenfalls stark und Artl.Feuer zugenommen. Feind bringt besonders vor dem linken Flügel bis Nowgoroder Bahn Verstärkungen heran. Ostwärts der Nowgoroder Bahn wird das herauslösen einzelner Leute beobachtet, die in Gruppen sammeln und per LKW nach Norden abfahren. Nur vor 126. ID bleibt die Lage weiterhin ruhig.”

Um 11.45 Uhr kam es zum Einbruch an der Naht zwischen 10. Lw.Feld.Div. und 170. ID, wo das I./IR 399 Poroshki gegen schwere Angriffe halten konnte, während Perelessje und die Verbindung zum Nordrand Gostilizy verloren gingen. Gegen Mittag waren die Stellungen südl. Petrowskaaj bis einschließlich Poroshki in Feindeshand, der Gegner im Vorgehen nach Süden, wobei Gostilizy stark bedrängt wurde und die Höhen zwischen Lewolowo und Gostilizy verloren gingen, während Höhe 126.9 durch IR 399 hartnäckig verteidigt wurde. Zur Unterstützung wurden 9 Panther und das Verfügungsbataillon der Korps-Reserve eingesetzt.

Fortsetzung KTB L. Armeekorps:

Ab Mittag werden vor 170. und am rechten Flügel der 215. ID verstärkt feindliche Kleintrupps beobachtet, die sich zur HKL vorschieben und durch eigene Artl. bekämpft werden. Dabei stetiger Anstieg des feindlichen Artillerie-Störfeuers, das mittlerweile bis in den rückwärtigen Bereich gelangt.

Ab 14 Uhr setzt feindl. Zerstörungsfeuer auf die Stellungen der 170. ID ein, gefolgt von mehreren Aufklärungsvorstößen, die im Raume beiderseits der Rollbahn A zwischen Gongosi und Werch Koirowo und zwischen W.Koirowo und Kiskino im Bereich zum Teil in Kp.-Stärke vorgetragen werden. Im Allgemeinen können die Vorstöße schon vor der HKL abgewiesen, müssen aber zum Teil auch im Gegenstoß aufgefangen werden. Ein einzelner tieferer Einbruch bei IR 399 kann unter Abschuss eines Panzers abgeriegelt und zurückgeschlagen werden.

Verluste des Tages:            Offz.               U/M

gefallen                     0                     2

verwundet                 0                     5

vermisst                     0                     0“

Lagekarte, 14. Januar 1944 mit Abschnitten der eingesetzten Divisionen und den eingerichteten Verbandsplätzen.

Am 15. Januar 1944 war der Gegner nach schwerstem Trommelfeuer am gesamten Korpsabschnitt zum Großangriff angetreten. 45 Minuten lang hatten 91 Batterien die Korpsfront mit schwerem Feuer belegt, das nach Ablauf dieser Zeit sich auf den Abschnitt der 170. ID verlagerte, wo es einen 15-minütigen Höhepunkt finden sollte. Während das Feuer in den hinteren Raum verlagert wurde, traten die Soldaten der Roten Armee zum Sturm auf die deutschen Linien an. Der rechte Flügel der 170. ID wurde durch T-34 Panzer sturmreif geschossen, während der gesamte Abschnitt der 170.- und 126. ID durch Schlachtflieger angegriffen wurde. Die 215. ID konnte zunächst zahlreiche durch 2 feindliche Divisionen vorgetragenen Angriffen abwehren.

Die 170. ID wurde ab dem Vormittag durch die gesamte Last der feindl. Angriffe getroffen. Hier waren 4 feindliche Schützendivision mit Panzerunterstützung zum Angriff übergegangen und brachen im Laufe des Tages auf einer Breite von 6 Kilometer bis zu 4 Kilometer tief in die eigene HKL ein. Dieser Einbruch wurde zur Basis des weiteren Angriffs der Roten Armee, der sich weiterhin gegen die zerschlagene 170. ID richtete und dabei in den Rücken derer gelangte, die noch an ihrer Front festhielten. Bereits am Nachmittag trafen Versorgungstruppen auf vordrängende russische Spitzen und wurden direkt aufgerieben; es gelangte kaum noch Nachschub zur Front, noch war man an den meisten Orten dazu in der Lage, die zahlreichen Verwundeten zu evakuieren. Sanitätsfahrzeuge und sich in Sicherheit bringende LKWs fanden sich nach etlichen Kilometern Irrwegen plötzlich zwischen feindl. Panzerkolonnen wieder und wurden zusammengeschossen.

Quellen:

Amtliche Kriegstagebücher

OKH und OKW
Lagebuch der Führungsabteilungen

Heeresgruppe Nord

L. Armeekorps
18. Armee

Tagesberichte und Notizen

Ralf Anton Schäfer