Volkssturm, nichts weiter als Kanonenfutter

Bis zum Kriegsende wurden in ganz Deutschland rund 700 Volkssturm-Bataillone aufgestellt

VolkssturmIm Herbst 1944 waren in Deutschland rund fünf Millionen Männer der Jahrgänge 1895 bis 1925 noch immer “uk-gestellt”. Uk-gestellt bedeutete, dass diese Männer innerhalb der Heimat unabkömmlich für den Kriegseinsatz waren. Das waren mehr UK-Gestellungen, als die Wehrmacht im Herbst 1944 Soldaten im Feldheer zur Verfügung stehen hatte. Diese Massen wollte sich die Nazi-Führung noch kurz vor dem totalen Untergang nutzbar machen. Am 18. Oktober 1944 wurde der Volkssturm in Leipzig angekündigt und auf Führererlass vom 25. September 1944 an, wurden die ersten Bataillone aus dem Boden gestampft und aufgestellt.

Führererlass, 25. September 1944

Bildung des Deutschen Volkssturms

Nach fünfjährigem schwersten Kampf steht infolge des Versagens aller unserer europäischen Verbündeten der Feind an einigen Fronten in der Nähe oder an den deutschen Grenzen. Er strengt seine Kräfte an, um unser Reich zu zerschlagen, das deutsche Volk und seine soziale Ordnung zu vernichten. Sein letztes Ziel ist die Ausrottung des deutschen Menschen.

Wie im Herbst 1939 stehen wir nun wieder ganz allein der Front unserer Feinde gegenüber. In wenigen Jahren war es uns damals gelungen, durch den ersten Großeinsatz unserer deutschen Volkskraft die wichtigsten militärischen Probleme zu lösen, den Bestand des Reiches und damit Europas für Jahre hindurch zu sichern. Während nun der Gegner glaubt, zum letzten Schlag ausholen zu können, sind wir entschlossen, den zweiten Großeinsatz unseres Volkes zu vollziehen. Es muß und es wird uns gelingen, wie in den Jahren 1939 bis 1941 ausschließlich auf unsere eigene Kraft bauend, nicht nur den Vernichtungswillen der Feinde zu brechen, sondern ihn wieder zurückzuwerfen und solange vom Reich abzuhalten, bis ein die Zukunft Deutschlands, seiner Verbündeten und damit Europas sichernder Friede gewährleistet ist.

Dem uns bekannten totalen Vernichtungswillen unserer jüdisch-internationalen Feinde setzen wir den totalen Einsatz aller deutschen Menschen entgegen.

Zur Verstärkung der aktiven Kräfte unserer Wehrmacht und insbesondere zur Führung eines unerbittlichen Kampfes überall dort, wo der Feind den deutschen Boden betreten will, rufe ich daher allen waffenfähigen deutschen Männer zum Kampfeinsatz auf.

Ich befehle:

  1. Es ist in den Gauen des Großdeutschen Reiches aus allen waffenfähigen Männern im Alter von 16 bis 60 Jahren der deutsche Volkssturm zu bilden. Er wird den Heimatboden mit allen Waffen und Mitteln verteidigen, soweit sie dafür geeignet erscheinen.
  2. Die Aufstellung und Führung des deutschen Volkssturms übernehmen in ihren Gauen die Gauleiter. Sie bedienen sich dabei vor allem der fähigsten Organisatoren und Führer der bewährten Einrichtungen der Partei, SA, SS, des NSKK und der HJ.
  3. Ich ernenne den Stabschef der SA, Schepmann, zum Inspekteur für die Schießausbildung und den Korpsführer der NSKK, Kraus, zum Inspekteur für die motortechnische Ausbildung des Volkssturms.
  4. Die Angehörigen des deutschen Volkssturms sind während ihres Einsatzes Soldaten im Sinne des Wehrgesetzes.
  5. Die Zugehörigkeit der Angehörigen des Volkssturms zu außerberuflichen Organisationen bleibt unberührt. Der Dienst im deutschen Volkssturm geht aber jedem Dienst in anderen Organisationen vor.
  6. Der Reichsführer SS ist als Befehlshaber des Ersatzheeres verantwortlich für die militärischen Organisationen, die Ausbildung, Bewaffnung und Ausrüstung des deutschen Volkssturms.
  7. Der Kampfeinsatz des deutschen Volkssturms erfolgt nach meinen Weisungen durch den Reichsführer SS als Befehlshaber des Ersatzheeres.
  8. Die militärischen Ausführungsbestimmungen erläßt als Befehlshaber des Ersatzheeres der Reichsführer SS Himmler, die politischen und organisatorischen in meinem Auftrage Reichsleiter Bormann.
  9. Die Nationalsozialistische Partei erfüllt vor dem deutschen Volk ihre höchste Ehrenpflicht, indem sie in erster Linie ihre Organisationen als Hauptträger dieses Kampfes einsetzt.

Führer-Hauptquartier, den 25. September 1944

Der Führer: Adolf Hitler
Der Leiter der Parteikanzlei: M. Bormann
Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht: Keitel
Der Reichsminister und Chef der Reichskanzlei: Dr. Lammers

 

Die vier Aufgebote des Volkssturmes:

  • Das erste Aufgebot erfasste hierbei alle zum Kampfeinsatz tauglichen Jahrgänge 1924 bis 1884 (der 20- bis 60-Jährigen), die keine lebenswichtige Funktion in der Heimat erfüllten. Die Masse war älter als 50 Jahre und hatte bereits im Ersten Weltkrieg gedient. Vorgesehen war ein ununterbrochenerbis zu sechs Wochen andauernder Einsatz außerhalb der Ortsgrenzen und eine Unterbringung der Einheiten in Gemeinschaftsunterkünften. Das erste Aufgebot erfasste zusammen rund 1,2 Millionen Mann.Die Masse der Volkssturmangehörigen des ersten Aufgebotes wurde noch zum Anlegen von Verteidigungsstellungen besonders im den Bereichen bei Aachen und später am Rhein eingesetzt. Diese ersten Aufgebote waren auch die regulären Volkssturmeinheiten, die zu vorrangig eingezogen wurden.
  • Im zweite Aufgebot erfasste man die gleichen Jahrgänge wie es innerhalb des ersten geschehen war, allerdings wurden hier Männer erfasst, welche gemeinschafts- oder staatswichtige Funktionen in der Heimat erfüllten, dieses waren die “uk-gestellten”. Die Angehörigen des zweiten Aufgebotes sollten immer und generell nur in Heimatnähe und nur kurzzeitig eingesetzt werden. Das zweite Aufgebot umfasste zusammen 2,8 Millionen Mann.Erich Esch gehörte dem zweiten Aufgebot an. Er stammt aus Leverkusen und war eigentlich “uk-gestellt”, Erich Esch ist am 24. März 1945 als Angehöriger des Volkssturmbataillons 113 während der Gefechte um die B8 in der Nähe von Uckerath-Striefen gefallen. Identifiziert werden konnte er nur, weil er noch immer den an seiner Uniform (seine eigentliche Berufskleidung) angebrachten Werksausweis der IG-Farben-Fabriken in Leverkusen trug.
  • Das dritte Aufgebot erfasste die Jugendlichen der Jahrgänge von 1925 bis 1928, sofern diese nicht bereits bei der Wehrmacht oder der Waffen-SS im Dienst standen. Besonders der Jahrgang 1928 sollte noch bis zum 31. März 1945 in der Hitlerjugend (HJ) und dem Reichsarbeitsdienst (RAD) militärisch ausgebildet werden, um anschließend dem Volkssturm zugeführt zu werden. Das Groß waren 16-jährige Angehörige der Hitlerjugend, die nun endlich ihre Chance sahen, und ihren “Anteil am bevorstehenden Endsieg” haben wollten. Viele waren fanatisch und freiwillig dabei, viele von ihnen erlebten das Kriegsende nicht mehr. Das dritte Aufgebot umfasste das rund 600.000 Jungs.Der Kölner Karl Th*** war im März 1945 als 13-jähriger mit der Einverständnis seiner Eltern in Volkssturm und somit in den Krieg gezogen. Er schoss im Remagener Brückenkopf einen amerikanischen Panzer mit der Panzerfaust ab. Karl Th*** wurde bis zur Kapitulation im Ruhrkessel als ein Held gefeiert, um dann wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen zu werden. Viele seiner Kameraden starben unmittelbar vor Kriegsende den “Heldentod”.
  • Im vierten Aufgebot wurden ab Mitte Februar 1945 alle zum Kampfeinsatz nicht (mehr) tauglichen Jahrgänge erfasst, hierzu war auch erstmalig keine ärztlichen Untersuchungen notwendig. Plötzlich verfügte man nun auch über Männer mit körperlicher Behinderung genau so wie über Männer, die an Herzkrankheiten litten. Die Angehörigen des vierten Aufgebotes sollten lediglich Wach- und Sicherungsaufgaben durchführen, trotzdem kam ein kleiner Teil dieser Volkssturmangehörigen auch noch zum Einsatz an der Front. Das letzte Aufgebot zählte 1,4 Millionen Mann.Dem vierten Aufgebot wurden auch Soldaten und Patienten aus Lazaretten zugeführt. Jeder der noch eine Waffe tragen konnte, sollte plötzlich besonders ab März 1945 noch kampffähig sein und musste in den Kriegseinsatz. So wurde auch in Wissen das im Krankenhaus eingerichtete Armeelazarett durch Feldgendarmerie durchkämmt und alle Männer, die noch in irgendeiner Weise eine Waffe tragen konnten, der kämpfenden Truppe zugeführt. Darunter befand sich auch der Soldat Karl-Heinz Israel er war als Schwerstverwundeter ins Lazarett nach Wissen gekommen und er starb am 30. März 1945 in Betzdorf während der Kämpfe um den Siegübergang.

Bekannt für den Einsatz bzw. Nachweisbar auf Grund von Vermisstenschicksalen in den Regionen des damaligen Brückenkopf von Remagen und dem Ruhrkessel sind die folgenden Bataillone und Kompanien:

Volkssturm-Bataillon Altenkirchen >>> kämpfte mit je einer Kompanie bei Flammersfeld und bei Willroth.
Volkssturm-Bataillon Bonn   >>> nur im Fragment im Brückenkopf vertreten, der Wehrmacht eingegliedert.
Volkssturm-Kompanie Derschen >>> Kampf bei Neuwied, Rückmarsch über Horhausen bis nach Döttesfeld, Seifen.
Volkssturm-Bataillon Freikorps Sauerland >>> Besondere Teilnahme an den Kämpfen in und um Siegen.
Volkssturm-Bataillon Köln >>> nur im Fragment im Brückenkopf vertreten, der Wehrmacht eingegliedert.
Volkssturm-Bataillon Leverkusen >>> während der Kämpfe um die Festung Uckerath als eigenständiges Bataillon eingesetzt, dann Unterstellung der Wehrmacht.
Volkssturmkompanie Politt >>> Gemeinsam mit der 363. Volksgrenadier Division an den Remagener Brückenkopf.
Volkssturmkompanie Troisdorf >>> Kämpfte bei Hennef-Siegburg

 

 

Ralf Anton Schäfer