Am 9. Mai 2007 verstarb mein guter Freund Kurt Schwerdt, die Lücke, die er hinterließ, ist bis heute nicht geschlossen. Er war Biedenkopfer Altbürgermeister und hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit allen seinen Kräften für ein vereintes Europa eingesetzt. Exakt zu seinem zehnten Todestag stehen in Frankreich Präsidentschaftswahlen an. Das Ergebnis der durchgeführten Wahlen hätte Kurt über alle Maße gefreut, besonders in einer Zeit, in der Krieg und Terror schon beinahe wieder zum normalen Alltag hinzugehören. Frankreich hat dem Rest Europas aufgezeigt, dass es nur miteinander funktionieren kann.
Das französische Volk hat sich für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit entschieden und damit für ein vereintes Europa und gegen eine Ausgrenzung. Die rechtsgerichtete Marine Le Pen wurde weggefegt und ihre Nichte Marion Maréchal Le Pen kündigte darauf an, sich aus der Politik zurückzuziehen. Emmanuel Macron wurde mit knapp zweidrittel Mehrheit zum Präsidenten gewählt. 66,8 % für die Bewegung “En Marche” sind ein klares Zeichen für eine kommende Zeitenwende in eine offene und moderne Gesellschaft. Das Volk Frankreichs hat sich klar entschieden für ein vereintes und solidarisches Europa und zugleich der rechten Partei um Le Pen eine heftige Abfuhr verpasst.
Der 39-jährige Macron ist der jüngste Präsident, der Frankreich je vertreten hatte. Ein Politiker voller Enthusiasmus und Ambitionen. Mit der Präsidentschaftswahl hat er die erste Hürde genommen, aber die Umsetzung seiner ambitionierten Pläne benötigen noch eine stabile Mehrheit während der Nationalversammlung im Juni. Macrons Visionen zeigen eine europäische Integration mit gemeinsamen Haushalt, einem Parlament und gemeinsamer ministeriell-wirtschaftlicher Verwaltung für die Eurozone.
„Die politische Idee der nationalstaatlichen Souveränität ist gestorben. In zwei furchtbaren Weltkriegen ist sie unter den Flaggen Europas versunken!”
Kurt Schwerdt wurde 87 Jahre alt und anlässlich seines zehnten Todestages werde ich in kürze seine biographisch ausgelegten Memoiren in einer überarbeiteten Neuauflage veröffentlichen.
Offizier, Bürgermeister und Europäer
Kurt Schwerdt diente im 2. Weltkrieg als Offizier der Wehrmacht. 1941 verlor er die rechte Hand. Er blieb als aktiver Offizier im Dienst und wurde Lehroffizier in Döberitz. Hier ereignete sich 1943 ein Unglück, durch dass er seine noch verbliebene Hand verlieren sollte. Als im Herbst 1944 die Aufstellung des Volkssturmes befohlen wurde, meldete er sich als Oberleutnant zurück an die Front. Schwerdt wurde Adjutant in einem Grenadierregiment, mit dem er an der Ardennenoffensive teilnahm und im April 1945 die Kapitulation im Ruhrkessel erlebte. Als Ohnhänder war er der einzige Soldat der während des Zweiten Weltkrieges an vorderster Front diente. Ohne Hände wurde ihm noch die Nahkampfspange verliehen und er wurde zur Verleihung weiterer Auszeichnungen vorgeschlagen. Nach Kriegsende führte er sein Jura-Studium fort, 1954 wurde er Bürgermeister von Biedenkopf. Aufbauend auf die schrecklichen Erfahrungen aus dem Schützengraben bekannte er sich fortan dem Pazifismus und legte alles daran, dass sich in Europa kein neuer Krieg ereignen würde. Dabei legte er großen Augenmerk auf Verschwisterungen mit ehemaligen Feinden. In La Charite sur Loire erfolgte 1960 die erste Verschwisterung, weitere würden folgen. Dieses Buch versucht die Stationen aus dem Leben Kurt Schwerdts darzustellen und möchte aufzeigen, dass es immer alternative Möglichkeiten gibt, auch wenn der Weg dahin, dann erst recht steinig werden sollte. |
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